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Steigende IFRS-Rechnungszinsen wegen Corona: Wie nachhaltig ist der Zinsanstieg?

Rechnungslegung

Köln, 17. April 2020

 

Die Verwerfungen an den Kapitalmärkten in Folge der Covid-19-Pandemie haben zu einem deutlichen Anstieg der IFRS-Rechnungszinsen geführt. Es stellt sich jedoch die Frage, wie nachhaltig dieser Effekt ist.

 

Worum geht es genau?

Die Rechnungszinssätze gemäß IAS 19 sind auf der Grundlage der Marktwertrenditen hochwertiger Unternehmensanleihen („high quality corporate bonds“) zum Bewertungsstichtag zu ermitteln. Nach den Zinsauswertungen von HEUBECK erreicht der  Rechnungszins für einen Mischbestand zum 31.3.2020 mit 1,05 % wieder den Stand zum 31.12.2019, nachdem er bis Ende Februar zwischenzeitlich auf 0,55 % abgesunken war. Bei anderen Beratungshäusern fällt der Zinsanstieg im März 2020  allerdings teilweise noch deutlich höher aus. Als prinzipienbasierter Rechnungslegungsstandard lässt IAS 19 gewisse Gestaltungs- und Ermessensspielräume bei der Ermittlung des Rechnungszinses zu, z. B. in Bezug auf die Ratinganforderungen bei der  Auswahl der zur Zinsermittlung herangezogenen Unternehmensanleihen oder die Schätzung von Laufzeiten, für die das Anleiheuniversum gar nicht oder nur sehr dünn besetzt ist. Der Höhe nach waren die Unterschiede zwischen den Beraterhäusern  in der Vergangenheit jedoch i. d. R. überschaubar. Dies liegt v. a. daran, dass die Zinsunterschiede zwischen den Ratingklassen nur gering waren und sich die durchschnittlichen Renditen hochwertiger Anleihen mit AAA- und AA-Rating nahezu parallel  entwickelt haben. Im Ergebnis führte dies bei verschiedenen Anleiheuniversen zu vergleichbaren Zinsentwicklungen und Zinsstrukturkurven bei nur moderat unterschiedlichen Zinshöhen. Als Reaktion auf den Aktiencrash im März erfolgte innerhalb kürzester Zeit an den Märkten eine Neubewertung der Ausfallrisiken. Dies führte bei vielen Anleihen zu deutlichen Risikoaufschlägen und damit zu entsprechenden Rendite-Anstiegen. Dabei ist der Anstieg bei Unternehmensanleihen mit AA-Rating im  Mittel deutlich stärker ausgefallen als bei AAA-gerateten Unternehmensanleihen. Die jahrelange Parallelität zwischen diesen Anleiheklassen ist insofern nicht mehr gegeben, und ihre Gewichtung bei der Zinsermittlung bekommt damit eine erhebliche Bedeutung. Dies bestätigen auch entsprechende Vergleichsberechnungen, bei denen wir, je nach Zuschnitt des Anleiheuniversums, Zinsunterschiede von bis zu 0,75 %-Punkten ermittelt haben.

 

Inwiefern ist das Thema relevant?

Das Zinsniveau hat Auswirkungen sowohl auf die DBO als auch auf die Current Service Cost (vgl. auch HEUBECK INFORMIERT vom 17.9.2019). Damit führt der aktuelle Zinsanstieg zu einer entsprechenden Entlastung des Eigenkapitals, aber auch der  Current Service Cost.


Inwieweit besteht Handlungsbedarf?

Derzeit ist unklar, wie nachhaltig die aktuellen Risikoaufschläge sind und auf welchem Niveau sich die Zinsen mittelfristig einpendeln werden. Die aktuellen Risikoaufschläge könnten einerseits Vorbote künftiger Ratingherabstufungen sein, so dass der Anteil (höher verzinster) AA-Anleihen am Anleiheuniversum entsprechend sinken würde. Andererseits könnten die AA-Anleihen „nur“ etwas früher auf die sich ändernde Wirtschaftslage reagiert haben und die AAA-Anleihen mittelfristig nachziehen. In beiden Fällen würden sich die Zinseinschätzungen der Beraterhäuser wieder annähern. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, zum jetzigen Zeitpunkt keine übereilten Entscheidungen im Hinblick auf die Methode zur Ableitung des Rechnungszinses zu treffen. Gleichwohl kann eine Überprüfung der Methode durchaus sinnvoll sein (vgl. HEUBECK INFORMIERT vom 17.9.2019). Gerne beraten wir Sie, welche Auswirkungen ein Methodenwechsel hat und was in diesem Fall insbesondere in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer zu tun ist.

 

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