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Wegfall der Hinzuverdienstgrenze kann zu einer Überschneidung von Leistungs- und Anwartschaftsphase mit unerwünschten Auswirkungen auf die bAV führen

Betriebsrentenrecht

Köln, 02. Februar 2023

Nimmt ein Arbeitnehmer eine vorgezogene gesetzliche Altersrente in Anspruch, kann er grundsätzlich auch Leistungen der betrieblichen Altersleistung beanspruchen. Der Wegfall der Hinzuverdienstgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.01.2023 kann daher − je nach Gestaltung der Versorgungszusage − dazu führen, dass Arbeitnehmer eine vorgezogene Versorgungsleistung beziehen und gleichzeitig aufgrund ihrer Weiterbeschäftigung in Voll- oder Teilzeit weitere Anwartschaftszuwächse erwerben. Dadurch können sich Auswirkungen ergeben, die bei der Erteilung der Zusage so nicht absehbar waren und im ungünstigen Fall zu Auseinandersetzungen führen.

 

Worum geht es genau?

Nach dem Betriebsrentengesetz kann ein Arbeitnehmer, der die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente in Anspruch nimmt, nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen auch die Zahlung einer ihm zugesagten betrieblichen Altersleistung verlangen.
Bislang war der Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente vor der Regelaltersgrenze nur möglich, wenn die gesetzliche Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wurde. Seit dem 01.01.2023 können nun vorgezogene gesetzliche Altersrenten unabhängig von einem Hinzuverdienst als Vollrente in Anspruch genommen werden.
Vor diesem Hintergrund stellt sich bei Weiterbeschäftigung und gleichzeitigem Bezug einer gesetzlichen Vollrente wegen Alters zum einen die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe in diesem Fall auch eine vorgezogene betriebliche Altersleistung zu gewähren ist. Denn ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist jedenfalls nach § 6 BetrAVG nicht ohne weiteres für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersleistung erforderlich. Es hängt damit auch von der Ausgestaltung der Versorgungszusage ab, ob diese den Bezug einer betrieblichen vorgezogenen Altersleistung trotz Weiterbeschäftigung wirksam ausschließt oder begrenzt.
Als „Stellschrauben“ in der Zusage kommen insbesondere in Betracht:

  • Beendigung des Arbeitsverhältnisses und/oder Wegfall von Entgelt und Entgeltersatzleistungen als Leistungsvoraussetzung
  • Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf die vorgezogene betriebliche Altersleistung

Zum anderen ist es − je nach Gestaltung der Versorgungszusage − denkbar, dass der Versorgungsberechtigte für die Zeiten der Weiterbeschäftigung Zuwächse in der betrieblichen Altersversorgung erdient. Sofern eine Weiterbeschäftigung den gleichzeitigen Bezug einer vorgezogenen betrieblichen Altersleistung nicht ausschließt, ergeben sich Folgefragen insbesondere zur Höhe dieser Anwartschaftszuwächse.

Pensionskassen haben zudem aufsichtsrechtlich zu beachten, dass sie „grundsätzlich“ Leistungen nur bei Wegfall des Erwerbseinkommens oder anteilige Leistungen bei teilweisem Wegfall des Erwerbseinkommens vorsehen dürfen (§ 232 VAG). 

Für wen ist das Thema relevant?  

Arbeitgeber, die eine betriebliche Altersversorgung unmittelbar zugesagt haben oder gestalten möchten, sind ebenso betroffen wie Versorgungsträger in den mittelbaren Durchführungswegen der betrieblichen Altersversorgung.

Wo sehen wir Handlungsbedarf?

Im Hinblick auf bereits bestehende sowie neu zu gestaltende betriebliche Versorgungssysteme sollte das Zusammenwirken von Weiterbeschäftigung und vorzeitiger betrieblicher Altersleistung im Detail analysiert und mit den Zielen des Arbeitgebers abgeglichen werden.
Bei Versorgungszusagen sollte insbesondere sichergestellt werden, dass der Bezug einer vorgezogenen betrieblichen Altersleistung bei gleichzeitiger Weiterbeschäftigung klar geregelt ist und diesbezüglich keine Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigten zu erwarten sind.
Bei Versorgungseinrichtungen sollte geprüft werden, ob in der Satzung oder den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Änderungsbedarf besteht. 
 

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